Die Verwertung von Zellulose mit Hilfe bakterieller Symbiose

Beim anaeroben Zelluloseabbau entstehen CO2 und Methan zu gleichen Teilen! Alle pflanzenfressenden Tierarten besitzen selbst keine Enzyme zur Spaltung von Zellulose. Zellulose ist ein Polymer aus D-Glucose, welche beta-strukturell verknüpft ist. Stärke ist ein Polymer aus D-Glucose, welche alpha-strukturell verknüpft ist! Dieser feine Unterschied in der Bindung hat große Unterschiede in den Materialeigenschaften von Stärke und Zellulose zur Folge. Um die beta-Verbindung zu spalten, braucht es bakterielle Enzyme. Anscheinend war der Weg in die Symbioseverdauung zu investieren im Laufe der Evolution erfolgreicher, als selbst die Enzyme zu entwickeln! Die allermeisten Tiere besitzen nur die Enzyme, die α-1,4- oder α-1,6-glycosidische Bindungen (z. B. in Stärke) spalten können (Amylasen), nicht aber β-1,4-glycosidische Bindungen der Zellulose (Cellulasen). Deshalb können diese Tiere (z. B. Kühe) den hohen Energiegehalt dieses Kohlenhydrates nur mit Hilfe von endosymbiontischen Mikroorganismen erschließen, die in ihren Verdauungsorganen leben. Zellulosespaltende Enzyme sind ähnliche evolutionäre „one-hit-wonders“ wie Ribulose1,5biphosphatcarboxylase, Chlorophyll, Hämoglobin und beispielsweise DNA: Grundstrukturen ohne die ein Leben unmöglich, für die im Laufe der Evolution aber keine besseren, effektiveren oder schnelleren Methoden/Strukturen gefunden wurden. Also entwickelten die pflanzenfressenden Tiere symbiontische Verdauungssysteme. Mikroorganismen (Bakterien und Einzeller) leben im Darmsystem der Tiere („endosymbiontisch“) und bauen mit ihrem Enzymsystem die Zelluloserohfaser ab.
Die Wiederkäuer sind eine sehr große Gruppe von Pflanzenfressern, die zusätzlich zum Labmagen 3 weitere Vormägen entwickelt haben. Darin wird das Futter eingeweicht, mehrmals gekaut und zerkleinert, bis es schließlich in den Labmagen wandert, der unserem Magen entspricht. Im Pansen mit seinem großen Volumen spalten die Mikroorganismen die Zellulose und bauen eigene Körpersubstanz auf, mit einem sehr wertvollen Protein, das quasi alle Aminosäuren enthält. Ein Großteil der Mikroorganismen wird dann im Labmagen unter Einwirkung von Proteasen verdaut, so dass das oft quantitativ oder qualitativ nicht ausreichende pflanzliche Protein eine wertvolle Ergänzung erhält. Zu den Wiederkäuern zählt man die Giraffenartigen, die Moschustiere, die Gabelhornträger (Antilopen/Ziegen), die Hirsche und die Hornträger (Rinder).
Die Dickdarmverdauer verfügen nur über einen einhöhligen Magen, ähnlich wie die Fleischfresser und Allesfresser (Schwein, Mensch etc.). Das von den Zähnen zermahlene Futter gelangt in den Magen und wird dort ähnlich zum Fleischfresser mit Magensaft vermischt. Beim Pferd und anderen Pflanzenfressern mit einhöhligem Magen verfügt der Dickdarm über eine reichhaltige Bakterienflora, die in erster Linie zum Abbau der Zellulose beiträgt. Beim Pferd bildet der Dickdarm große Gärkammern (Blinddärme), in denen Zellulose bakteriell zerlegt wird, so dass bei diesen Tierarten der Dickdarm das wichtigste Verdauungsorgan darstellt, ganz im Gegensatz zu den Wiederkäuern und Fleischfressern. Die von den Bakterien gebildeten Eiweißstoffe, Vitamine K und B-Komplex, können relativ gut absorbiert werden. Kohlenhydratverdauung findet ebenso im Dickdarm statt wie auch die Neubildung von Eiweißen aus Aminosäuren durch Bakterien und Einzeller (Protozoen), die im Gegensatz zu den Wiederkäuern zur normalen Dickdarmflora des Pferdes gehören. Sehr viele Kleinsäuger sind Enddarmfermentierer.
In Punkto Nahrungsmenge und Nahrungsqualität unterscheiden sich die beiden verbreitetsten Verdauungssysteme erheblich! Siehe Abbildung 4a: Sind Qualität und Menge an Nahrung gut, ist „alles gut“! 4b: Enddarmfermentierer können bei schlechter Nahrungsqualität den Durchsatz erhöhen. Bei Wiederkäuern ist das durch die längere Verweilzeit im Pansen nicht im erforderlichen Umfang möglich! 4c: Ist die Nahrungsqualität gut, die Menge beschränkt, haben Wiederkäuer den Vorteil, dass sie durch die umfangreiche Vorbehandlung aus der Nahrung das meiste herausholen können. Bei den Pferden geht relativ zuviel Bakterieneiweiß verloren, da nach dem Dickdarm kein Sorptionsorgan mehr folgt. Selbst im falle 4d haben die Wiederkäuer noch leichte Vorteile, während das Pferd stirbt.
Noch etwas zum Bison, als einem der größten Wiederkäuer Nordamerikas: Während der Bestand der Bisons vor der Ankunft der europäischen Siedler in Nordamerika auf rund 30 Millionen Tiere geschätzt wird, ging er bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund exzessiver Bejagung dramatisch zurück. Man knallte sie einfach ab, um den Indianern die Nahrungsgrundlage zu nehmen, um an deren Land zu kommen (Land grabbing). Ähnlichkeiten zum Bauernlegen sind rein zufällig! Hetzjagden auf die Tierhalter sind nur gefühlt!
Dank der Gründung des Yellowstone-Nationalparks im Jahr 1872 sowie des Wood-Buffalo-Nationalparks im Jahr 1922 erhielten die Bisons noch rechtzeitig Rückzugsgebiete. Heute wird die Gesamtzahl der wildlebenden Tiere auf mehr als 30.000 Individuen geschätzt.