Mitgliederoffene Vertreterversammlung des RBV Starkenburg am 25. März 2105

MÜHLTAL/TRAISA. Dr. Willi Billau und seine Kollegen aus dem Vorstand des RBV Starkenburg konnten bei ihrer Mitglieder-offenen Vertreterversammlung am 25. März wieder zahlreiche Besucher begrüßen. Neben den Mitgliedern auch viele Ehrengäste als Vertreter der Landwirtschaftsämter, der Banken oder des Amts für Bodenmanagement. Es waren Kreislandwirte zugegen, Vorsitzende der Bezirkslandfrauen sowie die hessische Milchkönigin Svenja Löw. Dr. Astrid Mannes, Bürgermeisterin der gastgebenden Gemeinde Mühltal, sowie Christel Fleischmann, der für den gerade „wahlkämpfenden“ Landrat des Kreises Darmstadt-Dieburg gekommen war, sprachen Grußworte. Sie finde es „gut, wenn sich die Bauern Gehör verschaffen“, meinte Mannes und zeigte sich überzeugt davon, dass die „Hauptsache-Billig-Mentalität“ der Verbraucher nachlasse. Man wisse gute Produkte aus der Region wieder zu schätzen.

In seinem Jahresrückblick ging Billau auf einige Brennpunkt-Themen ein. An erster Stelle stand hier die Diskussion um den Mindestlohn. „Wir werden uns an höhere Löhne gewöhnen müssen“, meinte er, konnte als Erfolg aber auch berichten, dass die Lohnsteigerung auf 8,50 Euro/Stunde in drei Stufen erfolgen solle und erst ab Ende 2017/Anfang 2018 gültig werde. Noch dramatischer sei seiner Ansicht nach jedoch die 60-Stunden-Arbeitszeit-Regelung, für die noch Verhandlungsbedarf bestehe. Nach Ostern will er sich hierzu mit Arbeitsministerin Andrea Nahles beraten.

Was die Diskussionen um die Wasserrahmenrichtlinien und die Problematik um Wald-Umbau oder Aufspiegelung im Ried angehe, so werde derzeit schon aus Kostengründen wohl eine Lösung in Richtung „Waldumbau“ favorisiert, meinte er. Die entsprechenden Ackerflächen seien also nicht mehr gefährdet. Als „Unding“ bezeichnete Billau die Tatsache, dass die deutsche Chemie wegen der extrem strengen „zonalen“ Gesetzesvorgaben derzeit lieber die europäische, als die heimische Landwirtschaft beliefere. Was die umstrittene Hofabgabeklausel angeht, so hat er Verständnis für die älteren Landwirte, die noch arbeiten können und wollen, dies aber nicht tun dürfen, da sie sonst ihre Rente gefährden. Um dieses Problem zu lösen, müsse eine „politische“ Lösung angestrebt werden. Dass der Milchpreis seit dem Wegfall der Milchquote, ebenso wie beispielsweise die Fleischpreise, auf dem freien Markt angekommen sei, findet er logisch, auch wenn es einigen Milchbauern verständlicherweise noch schwer falle, diese Entwicklung zu akzeptieren.

Geschäftsführer Peter Gheorgean trug im Anschluss den Jahres-Abschluss vor. Der RBV hatte im vergangenen Jahr gut gewirtschaftet und sogar mit einem kleinen Plus abgeschlossen. Da stimmten alle Anwesenden gern und einstimmig der Entlastung des Vorstands sowie dem Haushaltsentwurf für das laufende Geschäftsjahr zu.

Auch Neuwahlen zum Vorstand standen an diesem Abend an, da die Wahlperioden für Dr. Willi Billau (Lampertheim), Werner Wenz (Pfungstadt), Michael Dörr (Roßdorf), Franz Keil, (Wald-Michelbach), Wilfried Bär-Arras (Reichelsheim), Sebastian Roßkopf (Rodgau) und Thomas Schuchmann (Reinheim) endeten. Bis auf den Letztgenannten stellten sich alle Vorstandsmitglieder der Wiederwahl und wurden einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Für Schuchmann wurde der (nicht mit ihm verwandte) Björn Schuchmann aus Otzberg nominiert und ebenfalls einstimmig gewählt. Gerald Stork aus Bad König/Fürstengrund ergänzt fortan das Team der Kassenprüfer.

Eine besondere Ehrung wurde Dr. Klaus Neumeyer zuteil, dem mittlerweile pensionierten Schulleiter der Friedrich-Aereboe-Schule in Griesheim. „In seinen fast 35 Berufsjahren hat er sich um das Beste gekümmert, was wir haben“, sagte Billau, und meinte damit den bäuerlichen Nachwuchs. Er überreichte dem beliebten Pädagogen zwei Lehr-Bücher „Deutsch für Ausländer“, weil dieser sich nunmehr auf diesem Gebiet ehrenamtlich einbringe.

Südhessische Landwirtschaft ist gut aufgestellt
Dr. Hans H. Harpain macht mit einem Fachvortrag Mut

TRAISA. Eigentlich sollte bei der Mitgliederversammlung des RBV Starkenburg am 25. März Andrea Adams, die Hauptgeschäftsführerin des Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd zum Thema „Im südlichen Rheinland-Pfalz ticken die Uhren anders“ sprechen. Da sie aber erkrankt war, sprang der stellvertretende Generalsekretär des hessischen Bauernverbands, Dr. Hans H. Harpain, kurzfristig für sie ein. Der mit vielen statistischen Details unterlegter Vortrag ermöglichte den Anwesenden eine positive Standortbestimmung der landwirtschaftlichen Betriebe in Südhessen.

Harpain ging zunächst auf die Leistungen der Landwirtschaft ein und meinte, dass die Bauern „stolz auf das Erreichte“ sein könnten. Man habe gut ausgebildete Betriebsleiter, motivierte Familien, leistungsfähige Betriebe und ein ertragsfähiges Geschäftsmodell. Deutschland sei mittlerweile der zweitgrößte Agrarproduzent in der EU und drittgrößter Agrarexporteur weltweit! Hier sei Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit sowie Tier- und Umweltschutz garantiert. Allerdings gebe es in Deutschland immer weniger Landwirte. Waren es 1948 gab es noch rund 4,82 Millionen, so seien heute nur noch rund 619.000 Menschen in der Landwirtschaft tätig.

Problematisch sei der nach wie vor gravierende Flächenverbrauch, auch wenn das Tempo des Verlusts mittlerweile eingedämmt werden konnte. Doch noch immer gingen in Hessen täglich rund 2,5 Hektar landwirtschaftlich nutzbarer Fläche verloren. Hier müsse weiterhin gegengesteuert werden, Kompensationsmaßnahmen auf den Prüfstand gestellt und verbindliche Obergrenzen eingeführt werden. Ein weiteres Problem sieht Harpain in der europaweit geforderten, fünfprozentigen „Flächenstilllegung“ vor allem in Südhessen, wo zwei Drittel aller Hessen auf einem Drittel der Fläche dieses Bundeslandes leben. Nutztiere gebe es hier vergleichsweise wenig, der Anteil an Rindern liege bei lediglich 24 Prozent, und der der Schweine bei 14,8 Prozent. Gut aufgestellt sei Südhessen jedoch bei den Sonderkulturen, also Gemüse und Erdbeeren, und komme damit auf einen Produktionswert von über 130 Millionen Euro beziehungsweise 16.000 Euro pro Hektar. Allerdings eigneten sich Sonderkulturen nicht für jede Landschaftsform. Es müsse daher darüber nachgedacht werden, ob in ländlichen Räume mit stillgelegter Fläche nicht verstärkt nachwachsende Rohstoffe sowie Erzeugnisse für die energetische Verwertung angebaut werden können. Wichtig sei auf jeden Fall eine verlässliche Versorgung mit Betriebsmitteln. Harpain wünscht sich hierbei Diskussionen, die auf fachlich/sachlicher Basis geführt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt in seinen Ausführungen war der ausufernden Bürokratie gewidmet, die dringend abgebaut werden müsste. Zahlungsansprüche müssten abgeschafft und die Zuteilung der Prämien wieder an der Fläche fest gemacht werden. Wirtschaftsvorgaben sollten vereinheitlicht und der Grünlanderhalt neu geregelt werden. Denn Grünland gebe es in Hessen bereits mehr als genug.

(Pressebericht, Kirsten Sundermann)